Grüne im Gemeinderat

GEMEINDERAT GÜNTHER MARTIN SICHERTE BEI DER WAHL DIE MEISTEN STIMMEN FÜR BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN / UNSERE ZEITUNG HAT DEN KETSCHER ZU HAUSE BESUCHT

„Wir sind gut verwaltet, mehr aber nicht“

3. Juli 2014, Autor: Volker Widdrat

Grünen-Gemeinderat an seinem Lieblingsplatz: Günther Martin auf seinem Grundstück am Hohwiesenweg im Grünen unweit des Badestrands „Hohwiese“.
© Widdrat

KETSCH. Für einige war es eine Überraschung – für den Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen der erhoffte Erfolg. Erstmals seit 1999 wieder bei einer Kommunalwahl angetreten, holten die neugegründeten Grünen in der Enderlegemeinde aus dem Stand heraus 11,44 Prozent und sicherten sich drei Sitze im Ratsgremium.

Günther Martin heimste auf der Liste mit 1878 die meisten Stimmen ein, gefolgt von Annette Läppchen (1380) und Karin Kohl (1122). „Ich bin Ketscher mit Leib und Seele“, betont Martin, der mit Ehefrau Gabi, die ebenfalls für die Grünen kandidierte, und Sohn Nikolas (16) im Hohwiesenweg wohnt. Der 55-jährige Imker, Vorsitzender des Bezirksimkervereins Kurpfalz, lebt mitten in der Natur an der Hohwiese. Am Seeufer liegt der „Ketscher Hewwel“-Nachen, der in zweieinhalb Wochen wieder für das Fischerstechen gebraucht wird. Unweit seines Grundstücks hat Martin seine 30 Bienenvölker untergebracht.

„In Ketsch werden sehr viele Dinge nicht ausreichend angesprochen“, kritisiert der 55-Jährige und dankt gleich noch einmal dem Grünen-Kreisverband Hardt mit Adolf Härdle sowie dem Landtagsabgeordneten Manfred Kern für die damalige Unterstützung vor der Kommunalwahl.

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Günther Martin ist Kassier im Ortsverband. „Ich habe auch nichts gegen Spenden“, lacht er. „Wir haben viele Ziele.“ Wenn man als Zuhörer an einer Gemeinderatssitzung teilnehme, habe man das Gefühl, dass Fragen bei Bürgermeister Jürgen Kappenstein unerwünscht seien. Das hätten schon viele Mitstreiter aus der Projektgruppe des Umweltstammtischs, die seit langem gegen die Umsetzung des geplanten Neubaugebiets „Fünfvierteläcker“ kämpft und aus der sich die Ketscher Grünen entwickelt haben, so erlebt.

Martin hat ein weiteres Beispiel parat: Bei der Radtour durch die Gemeinde habe der Bürgermeister unlängst erwähnt, dass beim Neubaugebiet „Fünfvierteläcker“ die laufenden Umsiedlungsmaßnahmen für die geschützten Zauneidechsen mit rund 100 000 Euro zu Buche schlagen und sich dadurch die Erschließungskosten erhöhen würden. „Dass bei der ganzen Sache aber ein Mehrwert von vielen Millionen Euro geschaffen wird, davon hat er nichts gesagt“, ärgert sich Umweltschützer Martin. Das solle künftig alles verstärkt angesprochen werden.

Neben dem Neubaugebiet „Fünfvierteläcker“ wollen die Grünen aber noch andere Themen angehen, die seit Jahren für viel Diskussionsstoff sorgen. Der Aldi-Markt solle nicht im Bruchrain, sondern zwischen Seitz und Friedhofsparkplatz angesiedelt werden. Der Marktplatz dürfe nicht bebaut werden. Die Ortsmitte brauche mehr Einzelhandel. Der Busverkehr müsse anders strukturiert werden. Wohngebiete seien kein Standort für Speditionen und Lkw-Abstellplätze sowie für Schwerlastverkehr allgemein. Martin möchte auch nicht, dass so viele Bäume radikal zurückgeschnitten werden. Und im Rheinwald solle nicht mehr so viel Holz geschlagen werden, sagt der Naturfreund kämpferisch. „Ich lebe gerne hier, aber die Lebensqualität unserer Gemeinde geht immer mehr verloren“, bekräftigt der 55-Jährige: „Die Seele unseres Ortes stirbt.

„Wir wollen, dass die Menschen verstehen, warum eine Entscheidung so und nicht anders getroffen wird“, fordert der Neu-Gemeinderat, der vor seinem Engagement bei den Grünen noch in keiner Partei war, aber immer in „grünen“ Vereinigungen mitgewirkt hat.

Zum Umweltschutz gehört Heimat

Dafür wollen sich die Grünen künftig mehr einmischen. „Wir sind gut verwaltet, mehr aber nicht“, kritisiert er die derzeitige politische Struktur als „zu eingefahren“. Es fehle an neuen Ideen und Alternativen. Zum Umweltschutz gehören für ihn „nicht nur überall blühende Wiesen und Wald“, sondern auch „Heimat“, sagt Martin, der seit über 30 Jahren seine Imkerei betreibt und Kindern die Welt der Bienen näherbringt. Natur sei immer auch „ein Stück Ruhe“. Nicht nur in der Idylle an der Hohwiese. Dass das für alle Einwohner so bleibt, dafür will sich Martin im Gemeinderat engagieren.

© Schwetzinger Zeitung, Donnerstag, 03.07.2014