BÜNDNIS 90/GRÜNE FINANZIELLER ERMÄCHTIGUNGSSPIELRAUM DES BÜRGERMEISTERS SORGT AUS GÜNTHER MARTINS SICHT FÜR FEHLENDE INFORMATIONEN
13. März 2017
KETSCH.In einer Pressemitteilung bezieht das fraktionslose Ratsmitglied Günther Martin von Bündnis 90/Die Grünen Stellung zu der für heute abgesagten Sitzung des Gemeinderats. Er werde von vielen Bürgern gefragt, warum die Sitzung abgesagt worden sei. „Die Gemeindeverwaltung teilt hierzu mit, dass keine Beschlüsse gefasst werden müssten“, gibt Martin die Verwaltungsmeinung wieder.
Warum in Ketsch so wenige Beschlüsse gefasst werden müssen, sei ein Thema, dass er schon in der ersten Gemeinderatssitzung in diesem Jahr nachgefragt habe. Martin wollte damals wissen, wie hoch die Wirtschaftsbefugnis des Bürgermeisters sei. Der Bürgermeister erwiderte, dass der Ketscher Rathauschef bis zu einer Summe von 40 000 Euro alleine entscheiden dürfe, fasst der grüne Rat zusammen. „Der Ketscher Gemeinderat hatte das vor meiner Zeit als Gemeinderat beschlossen“, unterstreicht Martin und verweist auf die Situation in Nachbargemeinden. In Brühl dürfe der Bürgermeister nur bis zu einer Summe von 20 000 Euro alleine entscheiden, stellt er in seiner Mitteilung fest. „Gerne hätte ich einen Antrag gestellt, um das Thema der Höhe einer Wirtschaftsbefugnis in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung zu diskutieren“, sagt Martin und fügt direkt an: „Aber mit der dem Austritt der zwei Gemeinderätinnen aus der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen ist es mir, als Einzelkämpfer, nicht mehr möglich Anträge zu stellen“.
Es stelle sich letztlich die Frage, welche Folgen dieser hohe Verfügungsrahmen des Bürgermeisters habe. „Der Bürgermeister kann also ohne öffentliche Sitzung des Gemeinderats bis zu einer Summe von 40 000 Euro entscheiden – somit sind weder die Gemeinderäte noch die Bürger über die Entscheidungen informiert“, so Martin.
„Wenig transparenter Etat“
„Der Abriss des alten Klohauses im Bruch“, führt er Beispiel an. Die Kosten für den Abriss hätten unter 40 000 Euro gelegen, womit der Bürgermeister dieses Vorgehen habe alleine entscheiden dürfen. „Damit hat er ohne Zustimmung des Gemeinderates Tatsachen geschaffen“, kritisiert Martin.
Vieles was entschieden werde, erfahren aus seiner Sicht die Gemeinderäte nicht – schon gar nicht die Bürger. „Wieso wird in Ketsch so vieles im Geheimen entschieden?“ Natürlich erschienen die Ausgaben im Haushalt nach Ablauf des Jahres und der Jahresabschluss sei dann auf der Homepage der Gemeinde zu finden. Doch, wer, so fragt er, könne sich dann noch daran erinnern, was gemacht wurde?
Der Haushalt für 2016 müsste bald vorliegen. „Ich kann jedem Bürger nur empfehlen, zu versuchen, bestimmte Ausgaben, die ihn interessieren, zu finden“, sagt Martin weiter. Mit der Verwaltungsreform der Landesregierung hätten Abläufe in den Gemeinden transparenter werden sollen. „Das funktioniert aber nur, wenn der Gemeinderat und die Verwaltung das auch umsetzen.“ In Ketsch würden öffentlichen Sitzungen abgesagt und gleichzeitig zusätzliche nichtöffentlichen Sitzungen anberaumt. „Entscheidungen fallen dadurch immer häufiger hinter verschlossenen Türen, darüber reden darf kein Gemeinderat, denn für nichtöffentliche Sitzungen gilt die Verschwiegenheitspflicht.“ Damit verpasst man den Gemeinderäten auch noch einen Maulkorb. zg
© Schwetzinger Zeitung, Montag, 13.03.2017