Mit Stärke gegen „Spinner am rechten Rand“

In der Schwetzinger Zeitung ist ein Artikel über die Grüne Kandidatennominierung in Ketsch erschienen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN DR. DANYAL BAYAZ MIT 71 VON 75 STIMMEN FÜR BUNDESTAGSWAHL NOMINIERT / DR. ANDRE BAUMANN VEREINT 52 VON 69 GÜLTIGEN STIMMEN AUF SICH UND SOLL LANDTAGSDIREKTMANDAT HOLEN

09. Juli 2020 Autor: Volker Widdrat (vw)

Dr. Danyal Bayaz, der sich keinem Gegenkandidaten in der Ketscher Rheinhalle gegenübersieht, bezeichnet die Corona-Pandemie am Rednerpult als „noch nie dagewesener Stresstest“ und lobt Ministerpräsident Winfried Kretschmann.© Norbert Lenhardt (Len)

Ketsch/Region.Die Grünen im Wahlkreis Bruchsal-Schwetzingen (278) und im Wahlkreis Schwetzingen (40) nominierten am Dienstagabend in der Rheinhalle in Ketsch ihre Kandidaten für die Bundestagswahl im Herbst nächsten Jahres und die Landtagswahl im März 2021. Die Mitglieder schickten Dr. Danyal Bayaz für den Spargelwahlkreis ins Rennen. Der 36-jährige gebürtige Heidelberger, seit 2017 im Bundestag und Mitglied im Finanzausschuss, erhielt 71 Stimmen von den 75 Wahlberechtigten. Das Landtagsdirektmandat soll Dr. André Baumann aus Schwetzingen für die Grünen holen. Der 47-jährige Bevollmächtigte des Landes beim Bund erhielt von 70 wahlberechtigten Mitgliedern 52 von 69 gültigen Stimmen. Zur Zweitkandidatin bestimmte die Versammlung Monika Schroth aus Neulußheim, die 56 Jastimmen von 63 Wahlberechtigten auf sich vereinte.

Kreissprecherin Sigrid Schüller begrüßte zu dem Nominierungstreffen unter Corona-Maßnahmen die jeweils rund 70 Mitglieder aus den beiden Wahlkreisen. Norbert Knopf vom Vorstand des Kreisverbands Kurpfalz-Hardt fungierte als Versammlungsleiter. Die Ketscher Gemeinderäte Heike Schütz und Günther Martin zählten die Stimmen aus.

Dr. Danyal Bayaz, der einzige Bewerber für das Bundestagsmandat, ging zunächst auf die Corona-Pandemie als „noch nie dagewesener Stresstest“ ein. Es gebe für die derzeitige Krise keine Blaupause. Der Bund habe schmerzhafte Entscheidungen treffen müssen. Aber auch Baden-Württemberg habe „unter Demokraten einiges richtig gemacht“, lobte er Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Er ärgere sich über die Diskussion zur Maskenpflicht in Geschäften, so Bayaz. Das müsse so weitergemacht werden, um die Gesundheit der Menschen zu schützen, Familien in schwierigen Situationen zu unterstützen und die Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen. Nach Corona sei die Klimakrise immer noch da. Auch die soziale Ungleichheit sei „im Brennglas der Krise zu sehen“, erklärte der Bundestagsabgeordnete. Die Grünen müssten durch mutige Entscheidungen den Ausbau regenerativer Energien konsequent vorantreiben und neuen Technologien zum Durchbruch verhelfen. Die Corona-Krise führe schmerzhaft vor Augen, „wie weit wir davon entfernt sind, allen Kindern zumindest annähernd gleiche Chancen einräumen zu können“. Bayaz warb für eine starke Demokratie: „Lasst es uns den Spinnern am rechten Rand und den Feinden unserer Verfassung so schwer wie möglich machen.“ Er plädierte dafür, „jedes Thema konsequent europäisch zu denken“. Er habe ein sehr gutes Gefühl, meinte der 36-Jährige nach seiner Bestätigung. Auch wenn er keinen Gegenkandidaten gehabt habe, sei er doch ein bisschen aufgeregt gewesen.

„Klarer Kompass der Demokratie“
„Wir haben den klaren Kompass für unsere Demokratie. Ich möchte das Direktmandat im Wahlkreis holen und mit euch ein grandioses Ergebnis erzielen“, rief Dr. André Baumann den Mitgliedern bei seiner Präsentation zu. Der 47-Jährige stellte sich als erfahrenen Umwelt- und Naturschützer vor. Im Klimaschutz sei in den vergangenen Jahren viel zu wenig passiert. Nur die Grünen hätten angefangen, das Ruder herumzureißen: „Ich möchte mich in Stuttgart für die Umsetzung einer Solaroffensive einsetzen und den Ausbau der Windenergie vorantreiben. Es gibt da keine Ausreden mehr.“ Bei der Landespolitik sei man „auf dem richtigen Weg, aber noch nicht am Ziel“, so Baumann weiter. Er forderte, die Agrarpolitik so zu gestalten, dass Bauern eine Zukunft und ein gutes Auskommen hätten, wenn sie gesunde Nahrungsmittel erzeugten und gleichzeitig Klima und Natur schützten. Der Klimawandel mache sich auch im Sozialbereich bemerkbar, dort werde es „deutlich kälter“, rief Baumann dazu auf, Hass und Hetze im Netz Einhalt zu gebieten und „unsere offene Gesellschaft gegen die Feinde der Demokratie zu verteidigen“.

„Keine Ausreden mehr“ bei Solar- und Windenergie – Dr. Andre Baumann.© Norbert Lenhardt (Len)

Mitbewerberin Weihua Wang hielt danach eine ebenso kämpferische Rede. Die 26-jährige Schwetzingerin stellte die Themen Integration, kulturelle Bildung und soziale Gerechtigkeit in den Vordergrund. Sie wolle ihre Integrationserfahrungen für den Sprung nach Stuttgart nutzen. Für eine buntere, lebendigere und stärkere Gesellschaft sei es wichtig, dass Menschen mit Migrationshintergrund nicht den sozialen Anschluss verpassten und das Gefühl des Dazugehörens verspürten. Die Folgen der Corona-Krise träfen breite Gesellschaftsschichten, plädierte Wang für die Themen Digitalisierung, Inklusion, Gleichberechtigung und Pflege. Mit Petra Mihambo-Fichtner, Grünen-Gemeinderätin aus Oftersheim, habe sie eine „wunderbare starke Zweitkandidatin“ an ihrer Seite. Die Versammlung versagte ihr aber die Chance, einen Generationenwechsel bei der Landtagswahl einzuleiten. Die 26-Jährige erhielt nur 16 von 69 gültigen Stimmen. „Grüne Politik gehört zu meiner Identität“, versicherte Ersatzkandidatin Monika Schroth, die sich bei der letzten Landtagswahl noch selbst um die Erstkandidatur beworben hatte. „Ich bin beharrlich und stehe immer zu meiner Meinung“, meinte die 64-jährige Biochemikerin und Rechtsanwältin aus Neulußheim. Gemeinsam mit André Baumann, „er hat mir aus dem Herzen gesprochen“, wolle sie einen engagierten Landtagswahlkampf führen und das Direktmandat in die Kurpfalz holen, dankte Schroth für das Vertrauen der Mitglieder.

© Schwetzinger Zeitung, Donnerstag, 09.07.2020