Grüne Ketsch ordnen Bedenken zu Geothermie ein

Bild: Nikolaus Eberhardt

Artikel in der Schwetzinger Zeitung vom 5.4.2022

In ihrer Pressemitteilung, veröffentlicht am 21. März in dieser Zeitung, greift die „Bürgerinitiative gegen Tiefe Geothermie“ den Landtagsabgeordneten und Staatssekretär im Umweltministerium, Dr. Andre Baumann, in Bezug auf seine Aussagen zur Geothermie direkt an. Die Grünen Ketsch, als potenziell betroffene Anwohner vor Ort, nehmen wie folgt Stellung und ordnen die Bedenken ein.
Die BI beschreibt in ihrem halbseitigen Bericht ein Szenario, in dem es Hackern gelingt, die vielen Geothermiekraftwerke im Oberrheingraben so zu manipulieren, dass diese koordiniert den gesamten Untergrund von Freiburg bis Mannheim in Resonanz bringen und damit ein Erdbeben großen Ausmaßes erzeugen. Eine durchaus gewagte These. Die Bedenken der Geothermiegegner sollten man ernst genommen, sie müssen aber eingeordnet werden.
Die Grünen machen sich grundsätzlich stark für Transparenz und Bürgerbeteiligung. Damit ist eine Beteiligung aller gemeint, und die Grünen rufen hier zum Mitdiskutieren auf. Denn nur eine große Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern legitimiert eine Meinung.
Wer Geothermie verhindern will, muss zuerst einmal Ross und Reiter nennen und die möglichen Alternativen aufzeigen. Hier nur ein ganz verkürzter Abriss: Atomkraft erzeugt Müll und Gift für Millionen Jahre, Öl und Gas finanzieren Kriege und missachten Menschenrechtsverletzungen, bevor beides, wie Kohle und Holz, durch CO2-Austoß das Klima ruinieren. Und Kernfusion ist kompliziert und noch nicht marktreif. Selbst Biomasse verbraucht zu viel Fläche, die wir für die Nahrungsmittelerzeugung und Wald brauchen. Es gibt keine Alternative zu den Alternativen.
Aber selbst hier gibt es Gegner, die Argumente liefern, die nicht verallgemeinert werden dürfen: Photovoltaik und Batterien verlangen nach seltenen Erden und Silizium, was hungernde Kinder aus der Erde kratzen müssen, Windkraftanlagen häckseln Vögel und jetzt eben die Geothermie, die den Rheingraben zum Einsturz bringt. Alles wohl schon vorgekommen, aber eben nicht der aktuelle Zustand, der Grundlage unserer Zukunftsentscheidungen sein kann. Vieles auch inzwischen einfach widerlegt.
Die Sorge der Haus- und Wohnungsbesitzenden vor Geothermie wird durch eine solche verzerrte Darstellung der Realität nur unnötig geschürt, es wird Angst erzeugt und Menschen werden verunsichert. Aus den bisherigen Fällen, in denen Geothermie größere Schäden angerichtet hat, haben die Verantwortlichen gelernt. Die Geothermie hat sich in den letzten Jahren ganz erheblich weiterentwickelt. Die Verfahren, die Drücke, die Standortauswahl ist heute auf einem Stand, der Restrisiken minimiert und einen stabilen Betrieb garantiert. Angst muss niemand mehr haben.
Die allgemeine 100%-Versicherungsmentalität, die wir uns in den letzten Jahrzehnten so bequem angewöhnt haben, ist ein Luxus, der jetzt leider jede Entwicklung, auch die zum Guten, blockiert. Die Welt ist im Umbruch. Alles muss neu gedacht werden. Politik, Klima- und Umweltschutz, Wirtschaft und eben auch die Energieversorgung. Dazu bedarf es vor allem Mut, Ideen und einer gewissen Offenheit für sachliche Argumente.
Denn es gibt die positiven Visionen und die ganz konkreten Pläne, Technologien und Arbeitsgruppen, die schon längst an dem Morgen arbeiten. Dr. Andre Baumann und das Umweltministerium sind nur zwei Akteure im Orchester derjenigen, die gerade unsere Zukunft gestalten. In dieser Zukunft wird es eine kleinteilige, lokale und auf vielen unterschiedlichen Technologien beruhende Energieerzeugung geben. Das Großkraftwerk Mannheim muss eben nicht durch sehr viele kleine Geothermieanlagen ersetzt werden. Es wird durch den Mix aus allem ersetzt. Abhängigkeiten werden damit aufgelöst und Stabilität durch Vielfalt geschaffen. Je nach Standort und Gegebenheiten, wird die optimale Variante gewählt. Ökologie und Ökonomie gehen dabei Hand in Hand. Privatpersonen können heute schon eigene Energie erzeugen und Unternehmer werden, technisch versierte Firmen werden die Anlagen bauen und Investoren werden eine grüne Rendite generieren, und so das Rad in Schwung bringen. Insgesamt reden wir hier von einer industriellen Revolution 5.0, die in vollem Gange und auch nicht mehr aufzuhalten ist.
Es wird die Beweislastumkehr geben. Wer gravierende Eingriffe vornimmt, wie die Geothermie, muss beweisen, dass seine Anlage keine Schäden verursacht. Dies ist eine volkswirtschaftliche Abwägung zwischen den damit reduzierten Gewinnen der Betreiber und dem Risiko aller, die den Vorteil einer grundlastfähigen, regenerativen Energiequelle haben. Ein Segen für die Region, das Land und für die moderne Gesellschaft im Kampf gegen den Klimawandel. Bei aller Aufbruchsstimmung, die hier aufkommen mag, muss aber erwähnt sein, dass wir zusätzlich zum Energiemix, einen wichtigen Beitrag leisten müssen: Energieeinsparung!
Wir haben die idealen Voraussetzungen für Geothermie im Oberrheingraben, haben ein Fernwärmenetz und müssen es jetzt nur schaffen, wieder nach vorne zu denken. Angst war noch nie ein guter Ratgeber. Stattdessen brauchen wir Respekt vor der Natur, volkswirtschaftliche Gesamtbetrachtungen, Mitmachende, Vordenkende wie Dr. Baumann, und ein bisschen Neugier auf das, was da noch alles kommt!
Wer Fragen hat, Argumente austauschen oder seine Bedenken oder Meinung zur lokalen Geothermie mitteilen möchte, erreicht den Sprecher der Grünen Ketsch, Nikolaus Eberhardt, unter nick.eberhardt@gruene-ketsch.de oder unter 01590-6230102