Grüne fordern wieder einen richtigen Wochenmarkt

ZUKUNFTSVISION ORTSVERBAND WILL DIE KRISE NUTZEN, UM ÜBER NEUES NACHZUDENKEN / FINANZIELLE RÜCKLAGEN SCHNELL WIEDER AUFBAUEN

In der Schwetzinger Zeitung vom 29.5.2020 ist folgender Beitrag über die Grünen erschienen. Autor: zg

Ketsch. „Natürlich wollen wir alle wieder zurück zu unseren alten Gewohnheiten und Freiheiten. Aber man könnte diese noch nie da gewesene und einschneidendste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg auch nutzen, um über Neues nachzudenken“, schreibt der Ortsverband der Grünen in einer Pressemitteilung. Gerade aus den Erfahrungen der letzten Wochen ergeben sich interessante Möglichkeiten, eine bessere Welt zu schaffen.

„Und wir sind verpflichtet, unseren Kindern eine bessere Welt zu hinterlassen und müssen heute damit beginnen. Auch in Ketsch. Und wenn wir mal ehrlich sind, was vermissen wir im Moment mehr: Konsum oder die Nähe zu anderen Menschen? Daher sollten wir vielleicht mal darüber nachdenken, was uns wirklich wichtig ist“, heißt es in der Mitteilung.

Im Moment fahren die Menschen weniger Auto, das heißt weniger Treibstoff, weniger CO2, weniger Stau. Viele Menschen müssen fahren und es soll auch niemandem verboten werden zu fahren. Aber es zeigt sich im Moment, dass es mit viel weniger auch gut geht. Wer vielleicht nur noch einmal pro Woche ins Büro fährt, um gezielt Kollegen zu treffen, statt jeden Tag, denkt auch gleich ganz anders in Bezug auf den öffentlichen Nahverkehr nach. Das öffnet wieder neue Möglichkeiten.

„Unsere Bus-Linie 717 nach Heidelberg wird gerne auch als Horror-Linie bezeichnet. Wer in Heidelberg arbeitet oder studiert, hat hier nicht wirklich Freude. Und wie sehen die Fahrradwege und die Sicherheit der Fahrradfahrer in Ketsch aus? Auch hier gibt es viel zu verbessern“, finden die Grünen.

Machtverhältnisse ändern

Weiter würde ein reduzierter Ölverbrauch auch die Macht- und Marktverhältnisse in der Welt nachhaltig ändern. Es gäbe weniger Auseinandersetzungen um Ölfelder, die im Allgemeinen zu Krieg und Tod führen. Es gäbe mehr Wettlauf um Technologien und Bildung, was im Allgemeinen zu breitem Wohlstand führt, so die Mitteilung.

„Auch haben wir das Thema Mindestlöhne wieder neu entdeckt. Auf einmal gibt es Wertschätzung für Berufe, die bisher nicht beachtet wurden, aber jetzt als systemrelevant bewertet werden. Wer vor drei Monaten noch nach 12 Euro Mindestlohn oder Grundeinkommen gerufen hat, wurde als ,linker Spinner’ bezeichnet. Jetzt sieht die Sache auf einmal ganz anders aus. Und das ist gut so“, finden die Grünen deutliche Worte. Und sie schreiben weiter: „Die Menschen sollen und dürfen reisen. Reisen bildet. Aber weniger Reisen und mehr Fokus auf die Heimat und die Natur vor der Haustür sind auch schön und wichtig. Wir haben viele Stein- und Graswüstengärten in Ketsch. Zum Teil von wohlhabenden Menschen, die dann vielleicht nach Fernost fliegen, um dort die Natur zu bewundern. Das passt nicht wirklich zusammen. Unsere Gemeinde erhitzt sich zunehmend. Wir brauchen dringend Abkühlung durch bepflanzte Vorgärten, durch gesunde und schattenspendende Bäume. Kies raus – Natur rein, sollte die Devise heißen.“

Natur und Wald, gerade in Ketsch, seien etwas ganz Besonderes. Entgegen anderslautender Aussagen sei Ketsch eine Waldgemeinde. Menschen sollten das entdecken und genießen dürfen. Und es müsse weiterentwickelt werden: „Jeder einzelne Baum hilft.“

„Auch der familiäre Zusammenhalt, diese ,neue Nachbarschaft’, die wir beobachten, die Hilfen beim Einkaufen und die Fürsorge füreinander sind etwas, das wir über die Krise hinaus erhalten müssen. Auch könnte nach der Krise eine Gegenseitigkeit entstehen. Die Senioren passen auf die Kinder auf, die mobilen Menschen kaufen ein. Egal welches Modell, Hauptsache wir denken endlich wieder darüber nach“, so die Mitteilung.

Demokratie als öffentlicher Dialog

„Die Kommunikation der Bürgermeister ist auch etwas, was erhalten werden sollte. Die direkte Ansprache und die Möglichkeit, direkt angesprochen zu werden, ist wichtig. Das schafft Transparenz, Vertrauen und Bürgernähe. Demokratie ist öffentlicher Dialog, der beispielsweise in Schwetzingen und Brühl schön gelebt wird. Warum nur in der Krise? Die Medien ermöglichen neue Kommunikationswege und die sollten genutzt werden“, finden die Grünen.

Der Finanzhaushalt einer Gemeinde wie Ketsch war noch nie so wichtig wie jetzt in der Krise. Ketsch hat nahezu alle Rücklagen in den vergangenen Jahren (einschließlich 2020) aufgebraucht. „Jetzt wäre das Geld wichtig, um direkte Hilfe leisten zu können, um Strukturen in Ketsch erhalten zu können. Wir brauchen einen Plan, um in den nächsten Jahren schnell wieder Rücklagen aufbauen zu können“, schreibt die Partei.

Und letztlich gibt es ein neues „Zurück zur Natur“. „Auf einmal gehen wir spazieren und erkunden die Umgebung. Haben wir dazu einen Lockdown gebraucht? Ein starkes Immunsystem war schon immer gut und Bewegung an frischer Luft hilft dabei. Auch eine gesunde Ernährung sind Grundlagen eines gesunden und abwehrfähigen Körpers. Frisches, regionales und saisonales Obst und Gemüse sollte die Grundlage sein. Wir brauchen wieder einen richtigen Markt in Ketsch“, folgern die Grünen daraus.

„Wir müssen jetzt bewusst handeln, um Einschränkungen wie durch Covid-19 in Zukunft zu vermeiden. Auch wenn sich eine Virus-pandemie immer wiederholen kann, sind der Klimawandel, die Überdüngung und ebenso das Artensterben Faktoren, die nicht weniger als unser Leben auf der Erde bedrohen. Unaufhaltsam! Und sie werden zwangsläufig zu Zwangsmaßnahmen führen, wenn wir nicht heute aktiv werden“, so die Mitteilung.

Die Grünen in Ketsch rufen deswegen zu einer allgemeinen Diskussion auf. Zu einem Ideenwettbewerb, wie die Gemeinde heute die Zukunft gestalten kann. „Wir werden an dieser Stelle immer wieder einzelne Themen genauer diskutieren und laden alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, sich zu beteiligen“, heißt es in der Mitteilung abschließend. zg

© Schwetzinger Zeitung, Freitag, 29.05.2020

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